Sind Antibiotika tatsächlich die beste Behandlungsform?

Wie der flächendeckende Einsatz von Point-of-Care-Ultraschall am Status quo des Behandlungsbereichs der pädiatrischen Pneumonie rütteln kann.
A Case Study by
Original Research by
Russ Horowitz MD
,
und
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Einführung

Pädiatrische Pneumonie ist in den Vereinigten Staaten der Grund für etwa zwei Millionen ambulante Besuche jährlich. Kindern mit Fieber und Husten werden routinemäßig Antibiotika verschrieben. Die Diagnose einer Lungenentzündung ist jedoch oftmals nicht so eindeutig, wie erhofft. Jahrzehntelang galt die Lungenauskulation als zuverlässige Methode zur Diagnose der pädiatrischen Pneumonie. Rasselnde, keuchende und pfeifende Atemgeräusche lassen allerdings nicht zuverlässig auf eine bakterielle Pneumonie schließen.  

 Röntgen-Thorax-Untersuchungen gelten als Goldstandard.  Allerdings kommt bei einer Röntgenuntersuchung ionisierte Strahlung zum Einsatz, auf die Kinder aufgrund der schnellen Zellteilung und der bereits früh akkumulierten Dosis besonders empfindlich reagieren.  Außerdem handelt es sich bei einem Röntgen-Thorax in der Regel nicht um eine einmalige Untersuchung. Kinder haben im Durchschnitt sieben- bis zehnmal im Jahr eine Erkältung, die oft auch mit Fieber verbunden ist. Man kann sich also die potenzielle Strahlenbelastung vorstellen, der ein Kind ausgesetzt wäre, wenn bei jeder Erkältung ein Röntgen-Thorax durchgeführt würde.  Wenn man dann noch etwaige Röntgenaufnahmen bei Verdacht auf Blinddarmentzündung oder bei Kopfverletzungen hinzurechnet, kann sich die Strahlenbelastung bei Kindern schnell anhäufen. 

 Mit einem Röntgen-Thorax kann man zwar gut erkennen, ob eine Erkrankung vorliegt. Wenn es jedoch darum geht, eine Erkrankung auszuschließen, liefert dieses Verfahren keine zuverlässigen Ergebnisse.  Röntgenstrahlen haben nicht die Fähigkeit, zwischen Atelektase und Infiltrat zu unterscheiden.Das mehrdeutige Ergebnis einer Röntgenaufnahme veranlasst viele Mediziner dazu, Antibiotika zu verschreiben, „nur für den Fall“, dass es sich tatsächlich um eine Pneumonie handelt. Dieses Fehlen von diagnostischen Hilfsmitteln ist aller Wahrscheinlichkeit der Grund für die übermäßige Verschreibung von Antibiotika und die damit einhergehende Antibiotikaresistenz. 

 In den letzten Jahren haben mehrere Studien bewiesen, dass mit Point-of-Care-Ultraschall Pneumonie vergleichbar gut ausgeschlossen und sogar noch besser identifiziert werden kann.  Ultraschall verwendet keine ionisierte Strahlung, spart Zeit und kann zuverlässig zwischen Atelektase und Pneumonie unterscheiden. Anhand von fokalen B-Linien, Lungenhepatisation und dynamischem Aerobronchogramm kann eine Pneumonie verlässlich diagnostiziert werden.

Anamnese

Patient: Fünfjähriges Mädchen mit Husten und fühlbarer Temperatur (seit vier Tagen).
KU: Temperatur 38, Atemfrequenz 30, Pulsoximetrie 98 %
Gute Verfassung ohne Atemnot
Thorax: Begrenzte Auskulation, da das Kind während der Untersuchung weint. Es wurden jedoch keine fokalen Geräusche festgestellt.  
Keine Retraktion oder andere Anzeichen von Atemnot


Links: a.p. Röntgen-Thorax. Rechts: laterales Röntgen-Thorax.


Bildgebende Untersuchung

Mit der benutzerdefinierten Einstellung „Pädiatrisch, Lunge“ kann Butterfly iQ die klassischen Ultraschall-Merkmale der Pneumonie darstellen:

  1. Fokale B-Linien mit Hepatisation der Lunge (Verleberung der Lunge) 
  2. Dynamische Bronchopneumogramme (hüpfende weiße Punkte)

Die Technik wird hier vorgestellt:

Bild 1, Siehe Video.Normale Seite. Einstellung: „Pädiatrisch, Lunge“. Zeigt eine klare Pleuralinie mit Gleit- und Z-Linien (Kometenschweifartefakte). Keine Anzeichen von B-Linien, Lunge erscheint normal.

Bild 2, siehe Video. Anomale Seite. Links im Bild: Wenige B-Linien zeigen das Vorhandensein von Flüssigkeit in der Lunge an, die Pleuralinie erscheint unregelmäßig mit subpleuraler Konsolidierung (–2 cm tief.)  Die konsolidierte Lungenregion sieht wie Lebergewebe aus, daher der Begriff Lungenhepatisierung. Bei den echogenen Punkten handelt es sich um Bronchopneumogramme. Da sich diese mit der Atmung bewegen, werden sie als dynamische Bronchopneumogramme bezeichnet.  (Hinweis: dynamische Bronchopneumogramme = Pneumonie; statisches Bronchopneumogramm – keine Bewegung bei Atmung = Atelektase)

Bild 3, siehe Video. Anomale Seite. Zusätzliche Bronchopneumogramme dienen der weiteren Identifikation der konsolidierten Lungenregion. Bei Atmung ist eine konsolidierte Lunge teilweise durch B-Linien verdeckt. Konsolidierte Lunge mit dynamischen Bronchopneumogrammen


Schlussfolgerung

Ultraschall kann zwischen Atelektase und Infiltrat unterscheiden und stellt daher die Rolle des Röntgen-Thorax als Goldstandard bei der Diagnose von pädiatrischer Pneumonie in Frage. Ultraschall kann dabei helfen, eine eindeutige Diagnose zu stellen und damit die Entscheidung unterstützen, Antibiotika nur im Bedarfsfall zu verschreiben. Gleichzeitig wird eine unnötige Strahlenbelastung von Kindern vermieden.


Image 1. Normal Side. Pediatric Lung setting, demonstrates clear pleural line with sliding and z lines (aka comet tails). No indication of B lines; normal appearing lung

Image 2. Abnormal side. Additional air bronchograms further identifying the consolidated lung region. With respiration consolidated lung is partially obscured by B lines. Consolidated lung with dynamic air bronchograms

Image 3. Abnormal Side. On left of image: few B lines indicating presence of fluid in lung, irregularly appearing pleural line with sub pleural consolidation (~ 2 cm in depth). Consolidated lung area looks like liver hence the term, lung hepatization. Echogenic dots are air bronchograms; these collections move with respiration therefore they are called dynamic air bronchograms. (Note: dynamic air bronchograms = pneumonia; static air bronchogram - no movement with respiration = atelectasis)

Russ Horowitz MD

Director, Emergency and Critical Care Ultrasound,
Lurie Children’s Hospital, Chicago, Illinois (USA);
Associate Professor, Feinberg School of Medicine,
Northwestern University Subject Expert and Curriculum Director: Medical Ultrasound, Feinberg School of Medicine